Gesundheitsgefährdung durch Infraschall

Gesundheitsgefährdung durch Infraschall

Wie ist der internationale Stand des Wissens?
Sind die Mindestabstände in Deutschland ausreichend groß ?

Dr. med. Bernhard Voigt, Facharzt für Arbeitsmedizin,
In der Bühne 7, 76571 Gaggenau-Freiolsheim
Dr.b.voigt@t-online.de
06.03.13

Panorama von Freiolsheim mit Windkrafträdern
Abb: 1, Freiolsheim , Nordschwarzwald, Vorbergzone mit montierten WKA in ausgewiesenen Suchgebieten.

Vor Jahrzehnten wurde der Bau von Atomkraftwerken seitens der Industrie und der Politik von einer Propaganda gestüzt, die behauptete: Atomstrom sei billig, Atomkraftwerke seien sicher, Gesundheitsrisiken seien beherrschbar.

Mittlerweile wissen wir, dass keines der drei Argumente stimmte, und dass gerade wegen der Unbeherrschbarkeit von Sicherheit und Gesundheit die Atomkraftwerke vom Netz genommen werden.

Der massenhafte Bau von Windkraftanlagen (WKA) in Deutschland wird erneut mit Behauptungen begleitet wie: Wind gäbe es ja umsonst, womit suggeriert wird, Windkraft sei billig zu haben, und die gesundheitlichen Risiken seien nicht nennenswert.

Beide Argumente sind nicht zutreffend. Im Jahr 2011 wurden nach dem „Erneuerbaren Energiegesetz“(EEG) 16,7 Milliarden Euro an Subventionen in Deutschland gezahlt, Tendenz stark steigend. Ein Großteil dieses Betrags entfällt auf die Subvention von Windstrom, der ohne Subvention nicht rentabel ist.

Der Verband der deutschen Windkraftanlagen-Hersteller äußerte sich zur Gesundheitsgefährdung durch Windkraft folgendermaßen: „Die Infraschallpegel in der Umgebung von WKA liegen weit unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle, es ergeben sich keine Hinweise auf eine mögliche Gefährdung von Personen durch den von WKA ausgehenden Infraschall“ (Klug, Helmut, DEWI Magazin 20.02.2002).

Ängste in der betroffenen Bevölkerung entstehen, wo es an Offenheit fehlt, da fehlende Offenheit etwas zu verbergen hat. Fehlende Offenheit möchte verbergen, dass durch die Befriedigung eigener Ziele die Bedürfnisse Anderer unberücksichtigt bleiben. In einer entwickelten Gesellschaft ist ein auf eigensüchtigen Bestrebungen gründendes Verhalten unvernünftig, da es zu Konflikten und Verlusten an anderer Stelle führt, für die die Allgemeinheit aufzukommen hat.

Durch diesen kurzen Beitrag soll ein wenig mehr Licht in das Gesundheitsgeschehen in Verbindung mit dem von WKA ausgehenden Infraschall gebracht werden.

Zur Einschätzung von gesundheitlichen Risiken stützt sich die Regierung auf Bundesinstitute, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) Berlin. Die Landesregierungen stützen sich auf die jeweiligen Landesämter. In Baden-Württemberg sind das die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) und das Landesgesundheitsamt (LGA).

Die LUBW und das LGA in Stuttgart haben jüngst ein Faltblatt zum Thema Windenergie und Infraschall (IS) herausgegeben. Diese Institutionen kommen in dem Flyer zu dem Fazit: „Der von WKA erzeugte Infraschall liegt in deren Umgebung deutlich unterhalb der Wahrnehmungsgrenzen des Menschen. Nach heutigem Stand der Wissenschaft sind schädliche Wirkungen durch Infraschall bei WKA nicht zu erwarten. Verglichen mit Verkehrsmitteln wie Autos oder Flugzeugen ist der von WKA erzeugte Infraschall gering. Betrachtet man den gesamten Frequenzbereich, so heben sich die Geräusche einer WKA schon in wenigen 100 m meist kaum mehr von den natürlichen Geräuschen von Wind und Vegetation ab.“

In dieser Aussage sind drei Argumente enthalten:

  • Schädliche Wirkungen von Infraschall bei WKA sind nicht zu erwarten
  • Der von WKA erzeugte Infraschall ist gering
  • Der gesamt Frequenzbereich, also auch der Infraschallbereich, entspricht schon in wenigen 100 m Entfernung den Hintergrundgeräuschen.

Alle drei Argumente sind nicht zutreffend:

WKA sind Energiewandler, von denen die maximal entnehmbare Leistung bis zu 59 % beträgt und ein bedeutender Teil der Windkraft ,bei einer 5 MW Anlage sind das 2 MW , in Druckwellen, also Schall, mit einem hohen Infaschallanteil umgewandelt wird ( Herzog ). Die Lärmkomponente entsteht überwiegend aerodynamisch an den Rotorblättern. Durch die Größe und die Elastizität der Blätter, die langsame Drehzahl und die Eigenfrequenz der Rotorblätter von ca. 1-20 Hz, emittieren die Rotoren bedeutende Mengen im nichthörbaren Infraschallbereich wobei die Regel gilt , je größer die Blätter um so höher der Infaschallanteil. Die Rotorblätter der WKA gehören gegenwärtig zu den effektivsten Infraschallerzeugern, die es in der Industrie gibt.

Weitere Quellen von Lärm und IS sind bestimmte Industrien. Lärm und IS in Großstädten sind mittlerweile ein ernst zu nehmendes Gesundheitsproblem geworden (Krahe). Im ländlichen Raum und in Kleinstädten ist es überwiegend still bis sehr still. Nennenswerte Quellen für IS gibt in der Regel nicht.

Zu den physikalischen Charakteristika des IS gehört es, dass die Schallabsorption durch Mauern, Fenstern und Türen, gering ist. Es baut sich in Innenräumen eine stehende Infraschallwelle auf, die zu einer besonderen Lärmbelastung führt. Gerade der IS im Innenbereich hat eine besonders nervende Eigenheit. Infraschall hat eine wesentlich größere Reichweite als der hörbare Schall.

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Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat 2004 eine der wenigen Infraschallmessung mit wissenschaftlicher Genauigkeit in der Bundesrepublik durchgeführt. L.Ceranna u.a. (BGR) beschreiben, dass aufgrund deren Größe und geringen Rotationsgeschwindigkeit der Flügel ein erheblicher Energieanteil unterhalb von 20 Hz als Infraschall abgestrahlt wird. Die Messwerte für Infraschall einer kleinen WKA von 200 KW lagen erst in 1,5 km Entfernung im Bereich der Hintergrundgeräusche die mit 65 dB(A) angegeben wurden. Es konnte gezeigt werden, dass die Messwerte und die Berechnungswerte nach einer Formel gut übereinstimmen. Sie belegten, dass die Intensität und der Infraschallanteil im Rahmen der Schallemissionen mit der Größe der Anlagen zu nehmen müssen. Nach ihren Berechnungen erreicht ein Infraschall von 2-3 Hz bei Anlagen mit einer Nabenhöhe von 100 m, Flügeldurchmesser 70 m, Leistung 1,5 MW erst in einer Entfernung von 10 – 11 km den Wert der Hintergrundgeräusche von 50 dB(A). Zum Vergleich: Die derzeitigen Planungen sehen auf dem Malscher Bergrücken WKA mit einer Gesamthöhe von 200 m vor.
Messungen und Bewertungen zur Ausbreitung von Infraschall von Möller (Dänemark) führten zu ähnlichen Ergebnissen.

Es ist auffallend, dass die LUBW und das LGA in ihrer Literaturaufstellung in dem Flyer sich auf keine einzige wissenschaftliche Quelle von international anerkannten Institutionen oder auf unabhängige deutsche Fachleute beziehen.
Von den Landesämtern wird der Gedanke vertreten, dass Infraschall erst dann gesundheitsschädlich ist, wenn er sich oberhalb der Wahrnehmungsschwelle bewegt. Diese Wahrnehmungsschwelle für Schall < 20 Hz ist keine Gehörschwelle, sondern wird als Vibrationen auf der Haut empfunden. Die Wahrnehmungsschwelle beträgt z.B. bei 3 Hz 120 dB(A). Zum Vergleich, neben einem startenden Düsenflugzeug beträgt der Schalldruck ca. 130 dB(A). Es ist zutreffend, dass bei diesen extremen Schalldrücken die Gesundheit leidet.

Ein Schalldruck von 100, 120 und mehr dB(A) durch WKA sind in Wohngebieten nicht zu erwarten, aber eine dauernde Berieselung durch unterschwelligen Schall der WKA.

Deshalb ist zu fragen, welche gesundheitlichen Wirkungen die permanente Einwirkung von Infraschall in Schalldruckbereichen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle auslösen?

Hierzu beziehen die LUBW und das LGA mit dem lapidaren Satz Stellung, das sei eben unschädlich. Der internationale Kenntnisstand ist jedoch ein anderer. Ich beziehe mich im Nachfolgenden auf die Einschätzung internationaler Experten wie Prof. Alec Salt, USA; Möller , Dänemark; Pedersen, Schweden; die englische Society for Wind Vigilance und die deutschen Professoren Quambusch und Krahé und nicht zuletzt auf die unabhängige Expertenkommission beim RKI, u.a. Erwähnenswert ist auch die umfassende Auswertung der internationalen Literatur zum Thema Infraschall und Gesundheit, die Dr. Eckehard Kuck und das Ärzteforum Emissionsschutz ( Bad Orb) ausgearbeitet haben (im Internet einsehbar).

Es gibt mittlerweile zahlreiche Untersuchungen über gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Infra- und niederfrequenten Schall (INFS).

Infraschall hat ein anderes Wirkungsspektrum auf den menschlichen Organismus als der hörbare Lärm, und demzufolge hieße es Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wollte man die Wirkungen vergleichen.

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( ABB. Entnommen , Dr.Kuck-Gefährdung der Gesundheit durch Windkraftanlagen )

Die Gutachter des RKI (Bundesgesundheitsblatt 12/2007) weisen auf die Schwingungsübertragung im niederfrequenten Bereich auf die einzelnen Organe und Partien des menschlichen Körpers hin. Der Kopf und die meisten Körperorgane des Menschen haben eine Eigenfrequenz von 30 Hz und kleiner, d. h. sie werden bei Schwingungen im niederfrequenten Bereich zur Resonanz angeregt. Dieses Mitschwingen des Kopfes, des Gehirns, der im Kopf enthaltenen Wahrnehmungsorgane, aber auch anderer Körperorgane, birgt die Gefahr einer gesundheitlichen Schädigung in sich. Deshalb kommen die Experten des RKI zu der wissenschaftlich vorsichtig formulierten Warnung: „Die besondere Qualität von Infraschall bedarf jedoch verstärkter Aufmerksamkeit, da bisher nur wenige gesicherte Erkenntnisse … über das Auftreten und die Wirkung von Infraschall vorliegen.“ Das RKI empfiehlt verstärkte Forschung auf diesem Gebiet, was in Deutschland bisher leider unterblieb.

In dem erwähnten Bericht des RKI wird eine Auswertung von 98 Literaturquellen durch Schust zum Thema „Infraschall und aurale und extraaurale Wirkungen“ ( Gehör und Körper betreffend) zitiert. Schust stellt die Wirkungen von Infraschall auf Gehör und Körper nicht in Frage. Die Untersuchungen weisen darauf hin, dass die IS- Immissionen bei kontinuierlicher oder kurzzeitig intensiver Exposition gesundheitliche Schäden verursachen können. In Tierversuchen zeigten sich unspezifische Aktivierungs- und Stressreaktionen bis zu chronisch pathologischen Veränderungen.

In einem Kolloquium „Tieffrequenter Schall und Infraschall“, Stuttgart, 2012 , zitierte Prof. Krahé unter anderem aus der Untersuchung von Pedersen, Göteborg, nach der 50 % und mehr der vom INFS Betroffenen folgende Symptome hatten: Frustration, Einschlafschwierigkeiten, Schlafstörungen, Furcht, Müdigkeit, Druck im Ohr, Kopfschmerzen, Nervosität und Konzentrationsmangel.

Von Wissenschaftlern wurde in England im Jahr 2003 ein Großversuch durchgeführt, an dem 700 Personen teilnahmen. Diesen Personen wurde Musik vorgespielt. In wechselnder Folge enthielt diese Musik mal keinen, mal unhörbaren Infraschall von 17 Hz im unterschwelligen Bereich. Anschließend wurde eine Befragung durchgeführt und wissenschaftlich ausgewertet. Es zeigte sich, dass eine signifikante Anzahl, 22 % der Anwesenden, mit akuten Gesundheitsbeschwerden reagierten wie u.a. Beklemmung, Reizbarkeit, Übelkeit, Furcht, Brustdruck. Dieses klare Ergebnis zeigt, dass Infraschall im unhörbaren unterschwelligen Bereich akute Gesundheitsbeschwerden auslöst.

N.Pierpont beschreibt die durch periodischen Infraschall im unterschwelligen Bereich ausgelösten Gesundheits- und Krankheitssymptome, die heute mit den Begriffen Wind-Turbinen-Syndrom oder vibroakustisches Syndrom, belegt sind. Sie stellt kurz, aber zutreffend dar, der Infraschall von Windturbinen erzeugt das Wind-Turbinen-Syndrom, wenn Menschen sich längere Zeit im Schallbereich der Windturbinen aufhalten. Zu den Hauptsymptomen gehören: Schlafentzug, Schwindeligkeit, Übelkeit, Kopfschmerzen, Tinnnitus, Ohrendruck, Benommenheit, Beeinträchtigung des Sehvermögens, Herzrasen, Reizbarkeit, Probleme mit Konzentration und Erinnerungsvermögen, Panikattacken mit Zittern. Sie führt hierzu aus, dass die gefundenen neuronalen Wechselwirkungen einen tragfähigen anatomischen und physiologischen Rahmen für das Wind-Turbinen-Syndrom liefern.

Prof. Pereira,Portugal beschreibt die Auswirkungen von Infraschall nach der Errichtung von 4 WKA in einer Entfernung von 300 und 700 m zu zwei Bauernhöfen in Portugal. Neben der psychovegetativen Symptomatik litten die Bewohner dieser Gehöfte unter anderem auch an zunehmend manifesten Erkrankungen des Herzens und der Lunge, wobei es sich um eine Einzelbeobachtung handelt. Ja sogar die Pferde auf diesen Bauernhöfen zeigten ein abnormes Verhalten.

Prof. Quambusch, schreibt zu den Gesundheitsschädigungen durch IS: „Es konnte experimentell nachgewiesen werden, dass bestimmte Gehirnschwingungen durch tieffrequenten Schall stimuliert und moduliert werden können. Vieles spricht dafür, dass die von tieffrequentem Schall ausgehenden Einflüsse individuell unterschiedlich registriert werden, es gibt Hinweise auf besondere Sensibilitäten. Beobachtungen verdeutlichen, dass IS- Immissionen als Ursachen gesundheitlicher Schäden am ehesten bei intensiven kurzzeitigen Expositionen, aber auch bei kontinuierlicher Langzeitexposition, wie sie in der Nachbarschaft von WKA anzutreffen ist, zu erwarten sind“.

Aus den vorliegenden Untersuchungen wird ersichtlich, dass es besonders empfindlich reagierende und damit für Gesundheitsbeeinträchtigungen besonders disponierte Personen gibt. Es wird berichtet, dass Schwangere, vorgeschädigte und ältere Menschen anfälliger auf IS reagieren.

Dr.Kuck beschreibt drei Wirkungsorte von Infraschall im Körper:

  • Der Vestibularapparat (Gleichgewichtsorgan), Kinetosen durch INFS-Vibrationen, analog der Seekrankheit
  • Cochlea (Innenohr), physiologische Reaktionen auf INFS und Signalweitergabe an das Gehirn, Beeinflussung der Hör- und Sprachverarbeitung, sensorische Beeinflussung verändert funktionale Prozesse des Gehirns
  • Körperorgane, die im Bereich der Eigenfrequenz mitschwingen, hier insbesondere die elastische Masse des Gehirns, werden durch eine Überprägung von Fremdschwingungen in seiner Funktionalität gestört.

Funktionelle Beeinträchtigungen betreffen mit großer Wahrscheinlichkeit auch viele höher organisierte Tierarten, für Pferde sind sie nachgewiesen.

Ich möchte diese Zitate zu Gesundheitsbeeinträchtigungen abschließen mit dem Hinweis, dass auch andauernder hörbarer impulshaltiger Lärm, wie für WKA typisch, zu Gesundheitsstörungen führt. M.Nissenbaum, Maine, USA, hat dies für WKA, die von der Bebauung 1,5 km entfernt waren, nachgewiesen.

Es ist erfreulich, dass verschiedene hohe Gerichte das Gefahrenpotenzial durch Infraschall erkannt haben. Mittlerweile sind diese beiden Aussagen: „Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass Infraschall gesundheitliche Beeinträchtigungen erzeugt.“ und „Die TA Lärm ist als Genehmigungsgrundlage dann nicht mehr ausreichend, wenn besondere Schallqualitäten hinzutreten, die sie nicht bewertet, wie Impulshaltigkeit und Infraschall“ gerichtlich anerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die alleinige Rechtswirksamkeit der TA Lärm für Genehmigungsverfahren in dem Sinne aufgeweicht, dass das gesamte Schädigungspotenzial des immittierten Lärms bewertet werden muss. Dieser Auffassung haben sich mittlerweile eine Reihe von Oberlandesgerichten, z. B. das OLG München, angeschlossen (zitiert nach Prof. E. Quambusch, Jurist ).

In Deutschland gibt es zurzeit kein gültiges Mess- und Bewertungsverfahren für Infraschall. In der TA Lärm, die die wesentliche immissionsrechtliche Beurteilungsgrundlage für ein Genehmigungsverfahren darstellt, wird Infraschall nicht berücksichtigt. Das Mittlungsververfahren für hörbaren Schall nach der TA Lärm ist nicht ausreichend geeignet um vor Lärmbeeinträchtigungen zu schützen. Impulshaltige laute Lärmanteile, die störend und gesundheitsschädigend wirken können, fallen unter den Tisch, da sie gemittelt werden. Der Genehmigungswert, der nach der TA Lärm berechnet wird, hat sich nachweislich in vielen Fällen als deutlich zu niedrig erwiesen, um die Anwohner vor Lärmbeeinträchtigungen zu schützen.

Die einzige Schutzmöglichkeit vor den Beeinträchtigungen durch Lärm und IS besteht gegenwärtig darin, die Mindestabstände zur Besiedlung ausreichend groß zu halten.

In der Mehrzahl der zivilisierten Länder ist das bereits geschehen. In den USA gilt ein Mindestabstand von 2,5 km, in England wurde durch ein Gesetz im Jahr 2010 beschlossen dass für WKA von >150 m Höhe der Mindestabstand 3.000 m betragen muss.

In Deutschland hat man bislang behördlicherseits Gesundheitsbedenken wegen des IS weitgehend ignoriert. Die sich auf den Immissionsschutz nach der TA Lärm beziehenden Mindestabstände zur Bebauung von 700 – 1000 m sind eindeutig zu gering um Anwohner vor einer schädigenden Beeinträchtigung durch hörbaren Lärm und insbesondere durch Infraschall zu schützen.

Mit obigen Zitaten sollte gezeigt werden, dass die Behauptung „Infraschall sei unterhalb der Wahrnehmungsschwelle gesundheitlich unbedenklich“, nicht zutreffend ist. Es gibt weltweit genügend Beobachtungsmaterial, das diese Meinung eindeutig widerlegt. Und es existieren Erklärungsmodelle über die Wirkungsweise des Infraschalls auf den menschlichen Organismus.

Zu fragen ist jetzt: Lässt sich ein medizinisch begründbarer Grenzwert definieren, der der Bevölkerung eine ausreichende Sicherheit bietet?

Ich möchte dazu vorausschicken, dass zur abschließenden Beantwortung dieser Frage zurzeit noch kein ausreichendes Untersuchungsmaterial vorliegt und die wissenschaftliche Komplexität dieser Fragestellung nicht unterschätzt werden sollte.

Nun muss die Gesundheit auch dann geschützt werden, wenn noch kein lückenloser wissenschaftlicher Beweis vorliegt, zumal es viele Jahre dauern dürfte, bis die Problematik wissenschaftlich abgearbeitet werden kann. Deshalb möchte ich versuchen, mich überschlägig, abschätzend dieser Frage zu nähern.

Bei der Bewertung des hörbaren Lärms wird von zwei Wirkungsebenen ausgegangen: Die auf das Ohr bezogenen- auralen und die auf den Körper bezogenen –extraauralen, Wirkungen. Die aurale Wirkung, die Gehörschädigung, lässt sich recht gut mit einem Grenzwert belegen, der zurzeit bei > 80 dB(A) angegeben wird. Für die extraaurale Wirkung werden deutlich niedrigere Einwirkpegel angenommen, deren Größe sich nicht genau definieren lässt. Das hängt damit zusammen, dass der Umweltlärm hinsichtlich seiner Frequenzen, Intensitäten und Einwirkdauer äußerst unterschiedlich ist. Hinzu kommt, dass das subjektive Lautheits- und Störempfinden bei den Menschen stark variiert, und z. B. auch davon abhängt, wie der Gesundheitszustand der Betreffenden ist. Bekanntlich benötigen z.B. Kranke Ruhe. Die extraauralen Wirkungen, die sich an verschiedenen Organen manifestieren können, z.B am Herzkreislaufsystem das Entstehen von Krankheiten begünstigen, erfolgen mittelbar über psychonervale Fehlsteuerungen. Aus diesem vielschichtigen Ineinandergreifen verschiedener Organsysteme erklärt sich die unterschiedliche Disposition zur Entwicklung von Krankheiten. Es lässt sich demzufolge kein wirklich medizinisch begründeter Grenzwert der Unbedenklichkeit angeben, sondern allenfalls ein Grenzbereich. Die im Immissionsschutzrecht (Immission – Schall in der Besiedlung) angegebenen Grenzwerte sind deshalb nur zum Teil medizinisch, zum anderen Teil durch wirtschaftliche und politische Interessen, begründet. Beispiel: Für reine Wohngebiete gilt in Deutschland ein nächtlicher Pegel von 35 dB(A) und in Dänemark sind es lediglich 20 dB(A). D. h. in Dänemark wird der nächtliche Schutz der Bevölkerung durch die Politik höher bewertet.

Die Hörbarkeit des Lärms beinhaltet zugleich eine Schutzfunktion, der Mensch sucht, sich dem ihn störenden und möglicherweise schädigenden Lärm zu entziehen. Beim Infraschall ist diese Schutzwirkung leider nicht gegeben. Der hier zu betrachtende Infraschall im unterschwelligen Bereich ist eben unhörbar. Jedoch wirken die rhythmischen Luftschwingungen, der Schall, weiterhin mit einem bestimmten Schalldruckpegel auf den Körper ein. Unhörbar bedeutet deshalb nicht automatisch unschädlich, sondern es ist anzunehmen, dass dieser Schalldruck an den Einwirkorten gesundheitliche Effekte auslöst. IS ist als Umweltschall hinsichtlich seiner Frequenzen, der Lautheit und der Dauer der Geräusche genau so variabel wie hörbarer Schall. Wir haben es mit einer extraauralen Wirkung zu tun, bei der sich, soweit bekannt, mehrere Wirkungsebenen überlagern: Die Einwirkung über das Gleichgewichtsorgan, das Innenohr und das Schwingen des Gehirns und der Körperorgane im Bereich der Eigenresonanz.
Nach vorliegenden Untersuchungen hat es sich gezeigt, dass die Hörschwelle für Infraschall bei manchen Menschen deutlich niedriger liegt, sie also noch das hören, was andere nicht hören können, und dass es empfindliche und weniger empfindliche Personen gibt. Zur Erinnerung: In dem englischen Beschallungsversuch mit 700 Personen reagierten 22 % mit psychovegetativen Beschwerden. Es gibt Hinweise darauf, dass ältere, gesundheitlich vorgeschädigte Personen und Schwangere auf Infraschall störempfindlicher reagieren. Die Wissenschaft wird voraussichtlich noch viele Jahre brauchen, bis all diese Fragen im Einzelnen beantwortet werden können und sich daraus ein Gesamtbild formulieren lässt. D. h. gegenwärtig ist ein Grenzwert für Unschädlichkeit nicht zu benennen. Hinzu kommt, dass solch ein Grenzwert von erheblicher wirtschaftlicher Relevanz ist. Die Industrie, die Windkraftanlagen bauen möchte, und die Politik, die dieses Verlangen fördert, kann an einem niedrigen Grenzwert kein Interesse haben. In Analogie zur Vorgehenseise beim hörbaren Schall lässt sich jedoch ein plausibler Grenzwert vereinbaren, der mehr Sicherheit bedeuten würde als der gegenwärtige Zustand.

In Deutschland gilt für reine Wohngebiete nachts ein Wert von 35 dB(A) und für allgemeine Wohngebiete von 45 dB(A). In ruhigen Ortschaften, wie Freiolsheim, mit nächtlichen Schallwerten
(Meßwerte von mir erhoben) von ca. 25 dB (A), werden 35 dB(A) bereits als Störgeräusch wahrgenommen. 45 dB(A) entsprechen einem deutlich wahrnehmbaren Geräusch. Nach dem Immissionsschutzrecht sind Gebiete, die frei von jeder Lärmbelastung sind, besonders schützenswert vor Lärmimmissionen.

Mit nachfolgendem Beispiel möchte ich vor verdeutlichen, dass in Deutschland die Mindestabstände viel zu gering sind.
Nach Berechnungen von Dr. Kuck werden 60 db(A) in einem Abstand von 1250 m (1000 m, plus Zuschlag von 25% für Gelände und Inversionswetterlagen) für 1 WKA und 3750m für 8 WKA, (3000m plus Zuschlag wie oben), erreicht. Ein Schalldruck von 60dB(A), der nach Dr.Kuck gerade körperlich nicht mehr verarbeitet wird, ist noch keine Garantie für gesundheitliche Unbedenklichkeit. Zum Schutz der allgemeinen Bevölkerung, unter Berücksichtigung von Schwangeren, älteren und geschädigten Menschen, wird immissionsrechtlich stets eine ausreichende Sicherheit verlangt. Da keine ausreichend gesicherten Erkenntnisse vorliegen, wähle ich hier einen Multiplikator von 0,5. Dadurch erhöhen sich Abstände nach Kuck auf 2500-7500m und der Schallpegel wird halbiert auf 30dB(A). Meines Erachtens wären das gute Ausgangswerte, die sehr wahrscheinlich für den überwiegenden Teil der Bevölkerung einen ausreichenden Schutz bieten würden.
Da wir es gewöhnlich nicht mit der Erstellung von einer, sondern mit mehreren Anlagen zu tun haben, ist der vom englische Parlament beschlossene Mindestabstand, für Anlagen von > 150 m Höhe, von mindestens 3.000m ebenfalls ein sehr guter Anhalt, den man auch in Deutschland als Mindestuntergrenze übernehmen könnte. Bei mehreren oder noch größeren Anlagen, und das lässt sich nach Formeln berechnen, müsste dieser Mindestabstand dann weiter erhöht werden.

Wie dargelegt, ist es aus medizinischen Gründen geboten, dass der Mindestabstand in Deutschland wesentlich erhöht wird. Die Richtwerte, wie sie in England gelten, bei großen Anlagen sind das 3000 m, sind eine gute Bezugsbasis.

Zusammenfassend können wir feststellen, dass sich die Politiker und die Genehmigungsbehörden auf eine Fehlbewertung der gesundheitlichen Belastung durch Infraschall stützen, und dass das deutsche Genehmigungsverfahren auf einer zum Teil veralteten immissionsrechtlichen Grundlage beruht, die den besonderen Gegebenheit der Schallemissionen von WKA nicht gerecht wird. Deshalb liegen ausreichende Gründe für die Annahme vor, dass die Gesundheit der Bürger gegenüber den Schalleinwirkungen der WKA nicht ausreichend geschützt wird. Es ist Aufgabe der Politik und des behördlichen Gesundheitsschutzes, hier schnellstmöglich durch deutlich größere Mindestabstände für mehr Sicherheit zu sorgen.

Der Schutz der Gesundheit wird im Grundgesetz jedem Bürger garantiert. Sie ist unser höchtes Gut, sie sollte von uns Allen eingefordert werden und nicht dem Aktionismus der Energiewende zum Opfer fallen.

Abb. 4, Bayrisches Landesamt für Umweltchutz

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